Bei Erstellung des Testaments ohne Abstimmung mit bestehenden Gesellschaftsverträgen drohen rechtliche und steuerliche Folgen. In unserer täglichen Praxis stellen wir immer wieder fest, dass letztwillige Verfügungen nicht mit den Gesellschafterverträgen von Unternehmen abgestimmt sind, an denen der Erblasser beteiligt war. Dies kann unerwünschte rechtliche und steuerliche Nebenwirkungen mit sich bringen, die vermieden werden können.
1. Problematisch ist z. B., wenn ein Gesellschafter, der alleiniger Geschäftsführer einer GmbH ist, verstirbt. Es wird dann schwierig, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Hierzu bedarf es nämlich eines Gesellschafterbeschlusses. Die Gesellschafterversammlung kann aber keine wirksamen Beschlüsse fassen, weil der verstorbene Gesellschafter-Geschäftsführer nicht auf der beim Handelsregister eingereichten Liste der Gesellschafter steht. Denn nur der Gesellschafter, der auf der Liste steht, ist legitimiert, bei Beschlüssen mitzuwirken. Eine korrigierte Liste mit den Erben als Gesellschafter kann wiederum nur der Geschäftsführer einreichen, der aber verstorben ist.
Solange aber kein Erbschein ausgestellt wird, wird das Handelsregister die Erben nicht als Gesellschafter in die Gesellschafterliste eintragen. Die Ausstellung des Erbscheins kann zwischen sechs und zwölf Monate dauern.
Die GmbH wird führungslos und manövrierunfähig wie ein Schiff ohne Steuermann. Gleichwohl können Rechnungen, Bescheide etc. weiter der GmbH wirksam zugestellt werden. Hierfür tritt dann sogar eine sogenannte Durchgriffshaftung zulasten der verbleibenden Gesellschafter ein. Mit anderen Worten: Die Gesellschafter müssen im Zweifel auch mit Ihrem persönlichen Vermögen für die Schulden der GmbH haften.
2. Problematisch können auch sogenannte Berliner Testamente sein, in dem sich zunächst die Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und danach ihren Abkömmling (z. B. ein Sohn).
Ist im Gesellschaftsvertrag z. B. einer OHG, an der der Vater beteiligt ist, geregelt, dass nur ein Abkömmling nachfolgeberechtigt ist und bei Fehlen eines erbberechtigten Abkömmlings eine Abfindung zu zahlen ist, dann treten im Falle des Todes des Vaters steuerlich nicht gewünschte Nebenwirkungen ein.
Da weder die überlebende Ehefrau als Erbin noch der durch das Berliner Testament zunächst einmal enterbte Sohn in die Gesellschaft nachrücken, sondern die Ehefrau gegen Zahlung einer Abfindung aus der Gesellschaft ausscheidet, kommen für den Abfindungsanspruch keine erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen (nach §§ 13a, 13b ErbStG) in Betracht, weil der Abfindungsanspruch kein Betriebsvermögen darstellt. Darüber hinaus kommt es für die Ehefrau zu einem steuerbaren Aufgabegewinn (gem. § 16 Abs. 3 S. 1 EstG).
Auch die verbleibenden Gesellschafter können Nachteile erleiden. Wenn nämlich der Wert des Gesellschaftsanteils den Abfindungsanspruch übersteigt, wird dies als zusätzliche steuerbare Schenkung des verstorbenen Vaters an die verbleibenden Gesellschafter fingiert (§ 7 Abs. 7 i. V. m. § 10 Abs. 10
ErbStG).
3. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Grundbesitz einer Gesellschaft überlassen wird.
Z. B. kann es aufgrund einer Kollision von Gesellschaftervertrag und letztwilliger Verfügung zu einer ungewollten Beendigung einer Betriebsaufspaltung kommen.
Der Klassiker ist die Vermietung von Anlagevermögen, z. B. Grundbesitz, durch ein Besitzunternehmen an eine Betriebsgesellschaft, meistens in Form einer Kapitalgesellschaft. Die Betriebsaufspaltung bewirkt ertragsteuerlich, dass auch das Vermögen des Unternehmens Betriebsvermögen ist und setzt voraus,
dass die beteiligten Personen personell und sachlich verflochten sind. Übersetzt bedeutet das, dass dieselbe Person bei der Verwaltung des Grundbesitzes im Besitzunternehmen als auch in der GmbH, also dem Betriebsunternehmen, ihren Willen durchsetzen kann, mithin das Sagen hat.
3.1. Diese Verflechtung kann durch eine ungeschickte Nachfolgeregelung in den Gesellschaftsverträgen, die nicht mit einer letztwilligen Verfügung des Erblassers abgestimmt wurden, ungewollt aufgehoben werden, z. B. wenn die GmbH als Betriebsgesellschaft im Gesellschaftsvertrag die Erben als Nachfolger ausschließt. Sind aber die ausgeschlossenen Erben weiterhin Inhaber des Besitzunternehmens, wird die für die Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung aufgehoben.
Es droht dann eine Besteuerung aller stillen Reserven des Besitzunternehmens wegen Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 Einkommensteuergesetz. Auch hinsichtlich der Gesellschaftsanteile am Betriebsunternehmen, die hier zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören,
kommt es auch insoweit zu einer steuerbaren Gewinnrealisierung.
3.2. Umgekehrt kann durch den Erbfall eine persönliche und sachliche Verflechtung und damit eine nicht gewünschte Betriebsaufspaltung überhaupt erst entstehen. Hat etwa die Ehefrau die Geschäftsräume an die Betriebs-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Ehemann ist, vermietet, so wird der vor dem Erbfall im Privatvermögen der Ehefrau befindliche Grundbesitz Betriebsvermögen, wenn die Ehefrau dem Ehemann alleine beerbt. Auch hier könne unerwünschte steuerliche Nachwirkungen eintreten.
• Z. B. werden die Mieteinkünfte gewerbesteuerpflichtig (§ 15 Abs. 2 EStG).
• Die Immobilie kann auch nicht mehr steuerfrei veräußert werden, auch wenn die Anschaffung mehr als 10 Jahre zurückliegt, und zwar auch dann, wenn die Immobilie auch nur 1 Sekunde
dem Betrieb überlassen blieb.
• Auch wenn die Immobilie sofort wieder in das Privatvermögen zurückgeführt wird, drohen Ihnen freundliche Grüße Ihres Finanzamts in Form eines schwer verdaulichen Steuerbescheids.
Zwar existiert in dieser logischen Sekunde kein Wertzuwachs der Immobilie, so dass hier keine zusätzliche Besteuerung eintritt, aber es wird bei Beendigung der Betriebsaufspaltung trotzdem ein Aufgabegewinn berechnet wie bei einer Veräußerung des Betriebes und des überlassenen Wirtschaftsgutes. Die Einlage der GmbH-Anteile erfolgt hierbei zu den historischen Anschaffungskosten, die anschließende Entnahme allerdings zum Teilwert. Im Ergebnis bedeutet dies, dass 60 % des Wertzuwachses der GmbH seit Gründung zu versteuern sind! Hat die GmbH z. B. seit Gründung einen Wertzuwachs i.H.v. 1 Million Euro erlebt, kann eine Einkommensteuer in Höhe von 600.000,00 € anfallen!
Um eventuelle böse Überraschungen von Seiten des Finanzamtes zu vermeiden, empfiehlt es sich zur Wahrung der steuerlichen Einheit für eine parallele Vererbung des Geschäftsanteils und des übrigen (Sonderbetriebs-)Vermögens (z. B. Gesellschafter überlässt Grundstück zur Nutzung) bzw. der Betriebs- und Besitzgesellschaft bei einer bestehenden Betriebsaufspaltung oder einer Personengesellschaft zu sorgen.
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Wir haben hier nur einige Beispiele aufgeführt, die verdeutlichen, was passieren kann, wenn letztwilligen Verfügung und Gesellschaftsvertrag nicht aufeinander abgestimmt sind. Um einen rechtlichen und steuerlichen "Supergau" zu verhindern, empfehlen wir Ihnen dringend, noch einmal Ihre letztwilligen Verfügungen dahingehend zu prüfen, ob diese kompatibel sind mit bestehenden Gesellschaftsverträgen.
Für eine individuelle Beratung stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Autor: Jörg Garde
Stand: Dezember 2024
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